Handlungsbedarf

Keine Pannenhilfe ohne Datenzugang

Sicherheit
02.05.2024

 
Der ÖAMTC benötigt den freien Zugang zu den Fahrzeugdaten, um weiterhin Pannenhilfe leisten zu können.
Bernhard Wiesinger (Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung), Oliver Schmerold (ÖAMTC-Direktor), Harald Feichtinger (ÖAMTC Pannenhelfer) (v.l.)
Bernhard Wiesinger (Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung), Oliver Schmerold (ÖAMTC-Direktor), Harald Feichtinger (ÖAMTC Pannenhelfer) (v.l.)

„Damit nicht wieder die Konsument:innen draufzahlen, muss die EU dringend handeln!“, fordert ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold. „Erstens gibt es bis heute keine konsumentenfreundliche Regelung für Daten aus dem Auto. Im Gegenteil: Mehr denn je bestimmen die Auto-Hersteller über diese Daten. Zweitens wird ein aktuelles EuGH-Urteil von den Herstellern konsequent ignoriert. Um den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen, haben wir die größte Mitglieder-Aktion in der Geschichte des Clubs gestartet“, fasst Schmerold zusammen.

Zugang eingeschränkt

Bei ihren Einsätzen sind die Gelben Engel zunehmend damit konfrontiert, dass die Auto-Hersteller den Datenzugriff sukzessive einschränken. Bereits die Möglichkeit zum Auslesen von Fehlercodes mittels On-Board-Diagnose als erster Schritt für eine erfolgreiche Pannenhilfe wird erschwert. Besonders kritisch sieht der ÖAMTC den Umgang mit einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs. „Das Urteil vom 5. Oktober 2023 untersagt den Herstellern, den freien Zugang im Zuge von Wartungs- und Reparaturarbeiten zu beschränken – was von den Herstellern allerdings bewusst ignoriert wird. Sie haben die EU-Kommission sogar dazu gebracht, dass sie jetzt an einem Vorschlag arbeitet, per Änderung der Typengenehmigung den Sinn des Urteils ins Gegenteil zu verkehren. Die illegale Praxis soll legalisiert werden – das ist wirklich dreist und einmalig in der Geschichte der EU-Rechtsetzung“, erklärt Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung. „Wir fordern daher gemeinsam mit unseren Mitgliedern eine sofortige Umsetzung dieses Urteils und den freien Zugang zu den Daten!“

Zeit und Geld

Österreichweit leistet der ÖAMTC über 1,3 Millionen mobile und stationäre Pannenhilfen pro Jahr. Das ist zwar auch möglich, wenn der Datenzugriff eingeschränkt wird – allerdings nur über einen elektronischen Zugangsschlüssel, der vom Hersteller kostenpflichtig anzufordern ist. Harald Feichtinger von der ÖAMTC-Pannenhilfe erklärt: „Der Zugangsschlüssel muss online angefordert werden. Bei schlechter oder fehlender Netzabdeckung funktioniert das nicht und wir sind gezwungen, eine Abschleppung durchzuführen. Das betrifft ganz alltägliche Pannenfälle, wie den Tausch einer defekten Batterie, das Aufheben der Startsperre nach Auffüllen eines leer gefahrenen AdBlue-Tanks oder das Abpumpen von falsch getanktem Kraftstoff. Das kostet uns und dem Mitglied völlig unnötig Zeit und Nerven.“ Bernhard Wiesinger ergänzt: „Letztendlich kostet es auch Geld – zum einen, weil die Kosten für eine Abschleppung höher sind, zum anderen, weil sich die Hersteller die Erteilung von Zugangsschlüsseln selbstverständlich bezahlen lassen. Und haben sie ihr Datenmonopol erst einmal etabliert, wird es für die Konsument:innen sicher nicht günstiger. Nicht nur bei der Pannenhilfe, sondern auch wenn sie beispielsweise Reparaturen in einer freien Werkstätte erledigen lassen.“

Mobilisierung der Mitglieder

Der ÖAMTC informiert derzeit bei jeder Pannenhilfe und an allen Stützpunkten über die harten Konsequenzen für die Konsument:innen. „Unsere Mitglieder haben die Möglichkeit, ihren Standpunkt in einem Brief an die EU-Kommissionspräsidentin kundzutun. Der ÖAMTC sorgt dafür, dass die Briefe bei Ursula von der Leyen ankommen. Wir sind stolz, dass die rund 4.000 Mitarbeiter:innen des ÖAMTC in ganz Österreich hinter dieser Aktion stehen und sind überzeugt, dass diese gemeinsame Aktion mit unseren Mitgliedern nicht ungehört bleiben wird“, erläutert Oliver Schmerold. Das Ziel des Mobilitätsclubs ist die Umsetzung sowohl der sektorspezifischen Regulierung als auch des EuGH-Urteils im Sinne der Konsument:innen. Denn der Data Act, der ab September 2025 allgemein den Umgang mit Daten regelt, die von Geräten gesammelt werden, reicht für den Kfz-Bereich nicht aus. Expert:innen fordern daher für Autos eine sogenannte "sektorspezifische Regulierung". „Damit nicht am Ende die Konsument:innen draufzahlen, weil die Politik sich dem Druck der starken Auto-Industrie beugt“, fasst Bernhard Wiesinger abschließend zusammen.