Kreditauskunft: Tipps für KMU

KMU
01.09.2021

 
Kreditauskunfteien rufen zuweilen unerwartet bei Unternehmen an und bitten um diverse Auskünfte. Wer hier abwimmelt, kann unter anderem eine schlechtere Bonität kassieren. Das Austrian Credit Insurance Counsel gibt fünf praktische Tipps, wie Unternehmen richtig reagieren können. 
Peter Androsch, ACIC, erklärt was es bei Kreditauskünften zu beachten gilt.
Peter Androsch, ACIC, erklärt was es bei Kreditauskünften zu beachten gilt.

Sie heißen KSV, CRIF, AKV, Dun & Bradstreet oder Creditreform – und sammeln über Österreichs Unternehmen laufend Daten. Zur Bewertung der Bonität dienen den Kreditauskunfteien unter anderem die Geschäftsberichte der Unternehmen, deren Zahlungsverhalten, Prognosen oder auch die Kunden-, Lieferanten- und Eigentümer-Strukturen. „An den Bonitätsbewertungen haben in weiterer Folge nicht nur Banken und Lieferanten großes Interesse, sondern auch die Kreditversicherer“, erklärt Peter Androsch, geschäftsführender Gesellschafter von Österreichs führender Kreditversicherungsmaklergesellschaft A.C.I.C. Die größten Kreditversicherer hierzulande heißen Acredia, Atradius, Coface sowie R+V. Aber auch internationale Kreditversicherungen von ausländischen Lieferanten greifen auf diese Informationen zu. Die Versicherer holen in der Praxis sogar permanent noch zusätzlich Informationen ein, weil sie bei einem Ausfall der versicherten Lieferforderungen selbst dafür einspringen müssen. Sie wollen auf Nummer sicher gehen.

Peter Androsch erklärt Unternehmen in der Praxis häufig, wie sie individuell richtig auf die Fragen der Kreditversicherer reagieren können. Er hat aber auch grundsätzliche Verhaltenstipps für KMU, wie diese reagieren sollten: 

1: Nicht die Auskunft verweigern

„Jede Nicht-Kommunikation könnte als negatives Risikomerkmal interpretiert werden“, warnt Androsch. Nicht zu empfehlen ist auch eine unkommentierte Weitergabe der „nackten Zahlen“ – insbesondere dann, wenn ein ungewöhnlich schlechtes Jahr hinter einem Unternehmen liegt: Wenn also beispielsweise die Eigenkapitalquote stark gesunken ist, wenn es erhöhten Finanzierungsbedarf gibt oder auch wenn positive Einmaleffekte im Rahmen der staatlichen Hilfsprogramme das Ergebnis aufgebessert haben und in Zukunft nicht mehr zu erwarten sind. „Liefern Sie immer eine plausible Erklärung mit, wenn es gröbere Abweichungen gibt“, rät Androsch.

2: Nicht die Bonität gegenüber den Lieferanten gefährden

In manchen Branchen boomt die Nachfrage wieder, doch die Beeinträchtigung der Lieferketten versetzt dem Aufschwung immer wieder Dämpfer, weil es an Rohstoffen oder Bauteilen mangelt. Vielen Abnehmern ist gar nicht bewusst, dass auch negative Bonitätseinschätzungen den Warenfluss negativ beeinträchtigen können. Vor allem bei kleineren Unternehmen ohne Marktmacht könnten große Lieferanten dazu übergehen, vorsichtshalber nur noch gegen Vorauskasse zu liefern – was sich spürbar negativ auf die Liquidität auswirkt. „Jedes Unternehmen, das seine Waren auf Ziel kauft, sollte sich daher seiner Rolle als Lieferantenkredit-Nehmer bewusst sein und seine Bonität ständig hegen und pflegen“, so der Experte.

3: Spielräume nicht ausreizen

Im Zuge der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber die Einreichfrist für Jahresabschlüsse verlängert. Allerdings ist das kein Grund, deshalb mit der Bilanzveröffentlichung unbedingt auf den letzten Drücker zu warten. Ganz im Gegenteil: Vor allem in volatilen Zeiten ist eine proaktive Finanzkommunikation gegenüber den Kreditauskunfteien und Kreditversicherern enorm wichtig. „Sollte sich die Situation gegenüber 2020 bereits spürbar verändert haben, empfehle ich sogar die Erstellung eines vorläufigen Zwischenberichts für den bisherigen Jahresverlauf 2021“, erklärt Androsch. Auch die regelmäßige Abgabe von Budgetprognosen kann sehr hilfreich sein. Diese sollten allerdings nicht nur fundiert und plausibel sein, sondern im Idealfall auch eingehalten werden. Denn nach dem Rating ist immer auch vor dem Rating.

4: Kompromissbereitschaft zeigen bei heiklen Fragen

Apple ist ein gutes Beispiel dafür, dass große Unternehmen Informationen über ihre Zulieferer oft nur ungern preisgeben. Entsprechend heikel ist diese Frage oft auch für KMU, falls diese im Rahmen des Gesprächs mit den Kreditauskunfteien darauf angesprochen werden. Schließlich könnten diese Daten ungewollt in die Hände der Konkurrenz geraten. Auch über Details zu den wichtigsten Kunden schweigen sich viele verständlicherweise aus. „Nachdem es bei diesen Fragen primär darum geht, die Klumpenrisiken durch die Abhängigkeit von wenigen Geschäftspartnern abzuklären, kann man diese Frage natürlich auch verklausuliert beantworten. So könnte man beispielsweise erklären, dass kein Einzelkunde für mehr als zehn Prozent des Jahresumsatzes verantwortlich ist“, empfiehlt der Experte.

5: Nicht ärgern – lieber in die Offensive gehen

Haben Sie in der Vergangenheit die Auskunft gegenüber Kreditauskunfteien verweigert, könnte es sein, dass Ihre Bonität auf zu negativen Einschätzungen basiert. Um den eigenen Status zu erfragen, bietet sich daher die Einholung einer Selbstauskunft bei den Kreditauskunfteien an. Meist sind die entsprechenden Formulare auf deren Websites zu finden. Natürlich können Lieferanten von den Auskunfteien auch Informationen über die Bonität der eigenen Kunden einholen. Allerdings sind derartige Auskünfte kostenpflichtig und zudem mit einem nicht unerheblichen Restrisiko behaftet. Falls trotz guter Bonitätseinstufung ein Kunde insolvent wird, tragen die Lieferanten weiterhin selbst das Risiko.

Im Idealfall sollten Lieferanten ihre Forderungen mit einer Kreditversicherung absichern, weil dadurch nicht nur ständig die Bonität der Kunden überwacht wird, sondern die Assekuranzen im Fall einer Fehleinschätzung auch für die versicherten Lieferforderungen geradestehen. „Kreditversicherungen gibt es für jede Unternehmensgröße. Große Lieferanten machen von dieser Möglichkeit jedenfalls fleißig Gebrauch: Seitens der heimischen Kreditversicherer gibt es Deckungszusagen in Höhe von rund 56 Milliarden Euro – davon knapp 40 Milliarden Euro für Exportgeschäfte. Jedoch ist das Instrument noch zu wenig im österreichischen Mittelstand angekommen“, betont Androsch.